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Boleh?! − no 02 / Aug 2010

Kuala Lumpur ist nicht Shanghai

Neuanfang − Am 1. Januar 2010 stehen wir mit gepackten Taschen am Flughafen Zürich und checken für den Flug nach Kuala Lumpur ein. Falls alles nach Plan läuft soll die Hauptstadt Malaysias für die nächsten 1,5 Jahre unser neues Daheim werden. Und nach Plan lief so ziemlich wenig in den vergangenen Monaten...

Denn eigentlich sollten wir heute im Flieger nach Shanghai sitzen, wohin Markus im September 2009 von seiner Firma entsandt wurde. Lulu wollte ihm im Januar folgen. In der Zwischenzeit verschlang sie sämtliche Bücher über China und lernte in einem Sprachkurs die ersten chinesischen Sätze und Zeichen kennen. Spätestens damals hatte sie Feuer gefangen und erlag der Faszination für dieses Land.

Umso grösser war die Enttäuschung, als wir erfahren haben, dass der asiatische Hauptsitz von Markus’ Arbeitgeber nach Malaysia verlegt wird. Nachdem sich der erste Schock gelegt hat, versucht sich Lulu auf die neue Destination einzustellen. Doch alles was sie über Malaysia hört, liest und sieht lässt sie kalt. Im Vergleich zu China und Shanghai erscheint ihr Malaysia und Kuala Lumpur steril und langweilig. Aber sie versucht weiterhin positiv zu denken. Hätten ihre hohen Erwartungen an China wohl nur enttäuscht werden können, besteht bei Malaysia immerhin die Möglichkeit positiv überrascht zu werden.

Mit gemischten Gefühlen kommen wir am 2. Januar in unserer neuen Heimat an. Zwei Tage später sitzt Markus im Büro und Lulu ist alleine.

 

8 Monate später − Die positive Überraschung blieb bis heute aus. Zwar benötigte Lulu im Gegensatz zu Markus, bei welchem der Prozess ungemein länger dauerte (resp. immer noch andauert), gerade mal drei Wochen, um sich in Malaysia einzuleben und sich zu Hause zu fühlen, aber einen Wow-Effekt haben wir dabei beide nicht erlebt.

Nur wenig von dem, was wir bis jetzt gesehen und erlebt haben, stufen wir als «absolut sehens-/erlebenswert» ein. Das Meiste ist bloss Durchschnitt, manches gar eher enttäuschend. Fairerweise möchten wir anmerken, dass wir natürlich noch längst nicht alles entdeckt haben.

Im Vergleich mit Shanghai mutet Kuala Lumpur wie ein Dorf in der Provinz an. Es fehlt die Aufbruchstimmung, die Überzeugung «alles ist möglich». Es fehlen die krassen Kontraste. Es gibt zwar auch in KL Gegensätze, doch sind diese kleiner als in der Megametropole. Und es fehlt vielerorts der Charme. Altes wird plattgemacht, um darauf Einkaufszentren oder Wohn- und Büroblöcke zu bauen. «Alt = schlecht = muss weg» scheint die Formel zu lauten. Für uns Westler ist diese Einstellung unverständlich. Geht mit den Fassaden aus der Kolonialzeit doch so viel Charme und Charakter verloren. Ob wohl auch die Regierung diesen Erneuerungswahn irgendwann bereuen wird?

 

Positives − Trotz fehlender Begeisterung für Stadt und Land geht es uns in Malaysia sehr gut. Während Markus in den Arbeitsalltag eingebunden ist, geniesst Lulu die vielen Möglichkeiten Neues auszuprobieren. Sie hat schnell Freunde gefunden und ist in verschiedene Projekte integriert. Als durchwegs positiv erleben wir die einheimische Bevölkerung. Wir wurden bis jetzt von allen offen und herzlich empfangen, egal welcher Religionsgemeinschaft sie angehören. Die Präsenz der verschiedenen Kulturen (muslimisch, chinesich, indisch) machen für uns denn auch den grössten Reiz von Malaysia aus. Nur die daraus entstandene und so viel gepriesene kulinarische Vielfalt vermag uns nicht 100% zu überzeugen. Etwas salopp ausgedrückt, besteht sie darin, dass «chicken and rice» auf 1000 verschiedene Arten zubereitet wird :-)

Wir sind gespannt, was uns in den nächsten 12 Monaten noch alles erwarten wird. Ob es Malaysia doch noch schafft unsere Herzen zu erobern? Wir halten auch auf dem Laufenden...