de | en

Navajo

Reservat − Die Navajos sind mit fast 300’000 Stammesangehörigen das grösste aller indianischen Völker in den Vereinigten Staaten. Sie leben verstreut im nordwestlichen New Mexico, im nordöstlichen Arizona, im südöstlichen Utah und in anderen Teilen der USA. Im Nordosten Arizonas liegt das bis nach New Mexico und Utah hineinreichende grösste Indianer-Reservat der USA, in dem etwa 160’000 Navajos leben und in dem auch das Monument Valley und der Canyon de Chelly inbegriffen ist.

 

Namenskunde − Die Navajos nennen sich selbst Diné, was «die Menschen» bedeutet. Mit diesem Namen sind sie längst nicht die einzigen Ureinwohner. So nennen sich z.B. die Eskimos Inuit, was ebenfalls «Menschen» bedeutet.

Navajo wurden sie erstmals von den Tewa Pueblo Indianern genannt. Es bedeutet «takers from the fields» und passt somit gut zu den Navajos/Diné, die ausgezeichnete Ackerbauern waren. Es kann aber auch mit Dieb übersetzt werden und macht damit die Ablehnung gegenüber diesem Namen verständlich. Heute akzeptieren die meisten Diné aber die bei Touristen geläufigere Bezeichnung Navajo und werben sogar damit. Auch wir verwenden in unseren Berichten den Namen Navajo.

 

Geschichte − Die Navajos zogen ungefähr zwischen 900 und 1000 n. Chr. aus dem nördlichen Canada in den Südwesten. Hier trafen sie auf die Pueblo-Indianer, von denen sie in der Folge stark beeinflusst wurden. So entwickelten sie sich von nomadisierenden Jägern und Sammlern zu sesshaften Ackerbauern. Späterfingen die Navajos an Vieh, Schafe, Ziegen und Pferde zu halten. Mit den ihnen ursprünglich verwandten und immer noch als nomadisierende Jäger lebenden Apachen verband sie nur noch die Raubzüge auf Pueblos und spanische Ansiedlungen, bei denen häufig Schafe und Pferde gestohlen wurden.

Doch ihre kriegerische Natur sollte nicht ausreichen, um gegen die steigende Anzahl von Weissen zu bestehen. Anfangs betrieben Indianer und Weisse untereinander noch Tauschgeschäfte. Als die Amerikaner 1851 auf dem Land der Navajos den ersten Militärposten, das Fort Defiance, gründeten, entstand jedoch Streit um das spärliche Weideland. Um den Indianern zu zeigen, wer von nun an Herr und Meister über das entsprechende Land ist, erschossen Soldaten 60 Tiere aus der Herde von Häuptling Manuelito. Es folgte eine lange und bittere Periode territorialer Übergriffe und Vergeltungsschläge. Ein besonders schwarzes Kapitel stellt die Gefangennahme und Versklavung von indianischen Kindern dar, die vor allem durch Mexikaner erfolgte. Es gab aber auch Raubüberfälle zwischen den verschiedenen Indianerstämmen.

Während des amerikanischen Bürgerkriegs wollte die Regierung in Washington, dass die Territorien von Arizona und New Mexico in der Union blieben. Damit sollten die Verkehrswege und Nachrichtenverbindungen von und nach Kalifornien offen bleiben. Um dies zu gewährleisten mussten die Überfälle von Indianern ein für alle Mal beendet werden. 1862 liess General James Carleton die kleine Gruppe von Mescalero-Apachen nach Bosque Redondo bei Fort Sumner am Pecos River umsiedeln. Diesem Ort mangelte es an Brennholz, geniessbarem Trinkwasser und gutem Ackerland.

1863 wendete er sich den zahlenmässig viel grösseren Gruppe der Navajos zu. Er beauftragte Oberst Kit Carson die Navajos ebenfalls in die Militär-Reservation am Pecos River zu treiben. Kit Carson, der ein freundschaftliches Verhältnis zu den Indianern hatte, sträubte sich zuerst dagegen, unterzog sich aber schlussendlich dem Befehl. Verstärkt mit 300 Soldaten und Ute-Indianer, die er als Fährtensucher engagierte, zog er los und vernichtete Obstgärten, Maisvorräte, Hogans, Wasserlöcher und Viehherden der Navajos.

Im Januar 1864 drangen die amerikanischen Truppen in den, von den Indianer uneinnehmbar geglaubten, Canyon de Chelly ein. Viele Navajos haben sich hierhin zurückgezogen, mussten nun aber aufgeben. Im März 1864 begann ihr langer Marsch nach Osten. Viele starben auf dem 480 Kilometer langen Weg an Kälte, Hunger, Erschöpfung und Heimweh. Für die, die das Reservat erreichten, bedeutete das keineswegs das Ende des Leidens. Es gab nur wenige Lebensmittel und keine Decken. Auch für die Unterbringung der Menschen war unzureichend gesorgt. Krankheiten und Epidemien nahmen Überhand und Trockenheit verhinderte den Ackerbau. Ein Viertel der gefangenen Navajo starb binnen vier Jahren in Fort Sumner.

Aber auch jene Indianer, die sich den Amerikanern nicht ergeben hatten, mussten um ihr Überleben kämpfen. Die Soldaten hatten bei ihrem Zerstörungszug die Lebensgrundlage der Navajos zerstört. Aus Angst entdeckt und gefangengenommen zu werden, mussten sie sich in unwirtliche Gegenden zurückziehen. Anfang September 1866 kapitulierten die letzten Navajos, darunter der Häuptling Manuelito.

Die Ironie des Schicksals wollte es, dass nur wenige Tage später der brutale General James Carleton abgesetzt wurde. Berichte über die entsetzlichen Zustände im Lager sind in der Zwischenzeit bis nach Washington gelangt. Man schickte daraufhin General Sherman nach Bosque Redondo, um zusammen mit einer Delegation die Lage zu untersuchen. General Sherman setzte sich fortan für die Navajos ein und erreichte, dass diese wieder in ihre Heimat zurückkehren konnten. Am 1. Juni 1868 unterzeichneten Navajo-Häuptlinge einen Vertrag, worin die US-Regierung dem Volk eine Reservation in seinem angestammten Land zuteilte. Im Gegenzug verpflichteten sich die Navajos die Gesetze der Weissen zu befolgen.

 

Die Navajos im 20. Jahrhundert − Mit der Zuteilung des Reservats begann für die Navajos ein neuer Streit um Land. Diesmal jedoch mit ihren Nachbarn den Hopi. Die Hopi, deren Pueblos auf den Mesas völlig von der Navajo-Reservation umschlossen sind, beschuldigten die Navajos jahrelang, Vieh und Feldfrüchte gestohlen zu haben. Um den Spannungen ein Ende zu setzen, teilte der amerikanische Kongress 1974 ein grosses Stück Land zwischen den beiden Stämmen neu auf. 11’000 Navajos und 100 Hopi mussten ihre Häuser verlassen und in von der Regierung bereit gestellte Wohnungen umziehen.

Im Zweiten Weltkrieg arbeiteten Navajos erfolgreich als Funker für das US-Militär im Pazifikkrieg gegen Japan. Nachdem es den Japanern gelungen war, den amerikanischen Funk-Code zu entschlüsseln, wurde der Navajo-Code entwickelt, welcher im Wesentlichen aus der aussergewöhnlich komplexen Sprache der Indianer bestand. Dieser konnte von den Japanern trotz aller Bemühungen bis zum Ende des Krieges nicht geknackt werden.

Mit fast 300’000 Stammesangehörigen sind die Navajos heute das bevölkerungsreichste Indianervolk Nordamerikas. Die Nation wird seit 1923 von einem Stammesrat verwaltet und verfügt über eine eigene Polizei. Der Boden der Reservation ist reich an Rohstoffen wie Erdöl, Erdgas, Kohle, Holz und Uran, die zwar Geld einbringen aber auch neue Probleme aufwerfen. Darunter die zunehmende Zerstörung der Umwelt, die Gefährdung der Gesundheit und von der US-Regierung angeordnete Zwangsumsiedlungen. Trotz der vorhandenen Rohstoffe gibt es nicht vieleBetriebe, die diese verarbeiten und auch der Dienstleistungssektor ist innerhalb des Reservats sehr klein. Die Arbeitslosenrate ist daher wie in den meisten Reservationen mit ungefähr 40% sehr hoch.

 

Kunst und Kultur − Das traditionelle Leben der Navajo spielt sich in und um ihre Hogans ab. Diese Häuser sind fensterlos, werden aus Holz und Lehm gebaut und der Eingang ist nach Osten ausgerichtet. In einer Bodenvertiefung in der Mitte des Hogans befindet sich die Feuerstelle und durch ein Loch im Dach kann der Rauch abziehen. Im Hogan ist es im Sommer kühl und im Winter gemütlich warm. Nachts legen sich die Bewohner wie die Speichen eines Rades rings um die Feuestelle. Starb früher ein Navajo, wurde in die Rückseite des Hogans ein Loch geschlagen, durch das der Leichnam hinaus geschafft wurde. Anschließend verbrannten die Angehörigen das Haus und die gesamte Habe. Der Ort wurde aus Furcht vor den Geistern des Toten gemieden.

Die Pueblo-Indianer beeinflussten die Navajo nicht nur in der Agrikultur sondern auch in der Kunst. Berühmt sind ihre bemalten Töpfereien und Webteppiche. Wahrscheinlich von den Mexikanern lernten sie Mitte des 19. Jh. das Silberschmiedehandwerk. In den letzten 50 Jahren sind die Sandbilder (engl. dry paintings) der Navajo aus dem Halbdunkel der Hogans an die Öffentlichkeit gelangt. Die Herkunft dieser Maltechnik ist unklar. Die Bilder werden traditionell während nächtlicher Heilzeremonien in Hogans angefertigt und bestehen aus farbigem Gesteinspulver, Maispollen und anderen Materialien. Die Motive sind Abbildungen der Navajo-Götter, die während der Zeremonie um Heilung des Patienten angefleht werden. Kurz vor der Morgendämmerung ist die Zeremonie beendet und die heiligen Bilder werden zerstört. Heute stellen die Navajo auch langlebige Sandgemälde zu kommerziellen Zwecken her.