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Böses Erwachen in Tumbler Ridge

Blinder Passagier − Gut gelaunt und erwartungsfroh starten wir den neuen Tag. Nach der Dusche und dem Frühstück soll es heute Richtung Fort St. John gehen. Die Sonne lacht und es ist angenehm warm. Lulu setzt sich ans Steuer von Nanuq und startet den... nanu(q)?!... der Motor springt nicht an. Genau wie damals in Banff. Aber es kann ja wohl nicht schon wieder an den Vorglühkerzen liegen. Vielleicht die Batterie? Leider nützt auch das Zuschalten der zweiten Batterie als Starthilfe nichts. Nanuq schweigt weiterhin. So stecken wir wieder einmal unsere Köpfe unter die Motorhaube und staunen nicht schlecht, hier einen blinden Passagier zu entdecken. Lulu: «Äs Tier!!!» Tatsächlich sitzt mitten im Motorraum zwischen dem Kühlwasserbehälter und irgendwelchen Schläuchen ein Nagetier. Zuerst glauben wir aufgrund der Zähne und der Tatsache, dass wir gestern im Monkman Provincial Park einige Biberbauten gesehen haben, einen kleinen Biber vor uns zu haben. Nach einigen Beobachtungen wird uns aber klar, dass es sich um ein Marmot, ein Murmeltier, handeln muss. Jetzt dämmert es uns auch, woher die Geräusche gestern Abend und in der Nacht kamen.

Bewaffnet mit zwei Holzstöcken versuchen wir das Tier zu verscheuchen. Doch dieses reagiert nur bedingt auf unser Klopfen und Drängen. Es verkriecht sich in den hintersten Ecken des Motorraumes und verteitigt sein Reich indem es die langen Zähne zeigt und uns heftig anfaucht. Schliesslich setzen wir ihm aber doch zu. Verängstigt flüchtet das Murmeltier ins Gebüsch.

Schadenfall − Nun können wir den Schaden begutachten. Prompt entdecken wir ein durchgebissenes Kabel, welches dafür verantwortlich ist, dass wir Nanuq nicht starten könnenen. Ein Nachbars-Camper hilft uns, das Kabel notdürftig mit Isolierband zu reparieren. So schaffen wir es bis zur Dorfgarage, wo man sich nach dem Mittag kurz Zeit nimmt für uns. In der Zwischenzeit haben wir ein weiteres durchgetrenntes Kabel entdeckt. Der Mechaniker verbindet schnell und sauber beide Kabel und wir können beruhigt unsere Fahrt Richtung Norden in Angriff nehmen.

Wir entscheiden uns, bis nach Chetwynd zu fahren und für einmal etwas früher einen Campground zu suchen. Nach dem Nachtessen arbeiten wir bis 02:30 Uhr an der Homepage.

 

Öl − Am Samstag Morgen 28. Mai 2005 treffen wir auf dem Campground Jorey Schätzle. Sie ist kürzlich von Deutschland nach Canada ausgewandert. Jetzt ist sie auf dem Weg nach Vancouver, um dort ihren Bruder abzuholen. Auf der Fahrt hält sie Ausschau, wo es ihr gefallen würde, um sich niederzulassen. Sie möchte nämlich ein Stück Land kaufen und darauf ein Haus bauen. Im Moment lebt sie bei Freunden in Alberta. Wir haben eine lange und spannende Diskussion und machen uns darum relativ spät auf den Weg nach Fort St. John.

Die landschaftlich schöne Strecke führt uns auf dem Highway #29 entlang des Peace River zurück an den Alcan, wie der Alaska Highway auch genannt wird. Fort St. John liegt bei Kilometer 65 des Alaska Highways und hat seine Wurzeln im 18. Jahrhundert als Alexander Mackenzie einige Forts entlang des Peace Rivers eröffnete, um Pelzhandel zu betreiben. Heute sind es vor allem die Ölindustrie und die Holzwirtschaft, welche dem Ort (ca. 16’000 Einwohner) Arbeitsplätze bringen. Dies merken wir auch auf dem Campground am Charlie Lake. Der Besitzer erzählt uns, dass er für dieses Jahr bzw. diese Saison schon fast alle Hookup-Plätze (Standplätze für Wohnmobile mit Stromanschluss) an Dauermieter vergeben hat. Es handelt sich dabei um Leute, die in der Ölindustrie tätig sind und während dieser Zeit fest auf dem Campground wohnen. Auch der Campgroundbesitzer selbst arbeitet tagsüber für einen Energiekonzern.

Da wir nur einen Zeltplatz (ohne Stromanschlulss) brauchen, haben wir beim Stellplatz freie Wahl. Wir nutzen die Einkaufsmöglichkeiten des Ortes, um uns nochmals mit Lebensmittelvorräten einzudecken. Der nächste grosse Ort auf unserer Reise wird Whitehorse sein und der liegt ungefähr 1’400 km weiter nördlich.