de | en

Wrangell-St. Elias National Park

Speedy Gonzalles − Am nächsten Morgen steht schon wieder ein Grenzübertritt an. Von Canada geht es ohne Probleme zurück in die USA. In Skagway war’s der Nebel, auf dem Weg nach Tok ist’s der Regen, mit welchem uns Alaska empfängt. In Tok besuchen wir das Visitor Center, kaufen im Napa Auto Parts Store eine neue Sicherung und im Lebensmittelladen Tomaten und Mozarella. Tomaten sind in Alaska normalerweise enorm teuer (über $ 8 resp. CHF 10 pro Kilo). Heute erhalten wir sie zum Schnäppchenpreis von $ 1 für vier Tomaten. Das Wetter hat sich inzwischen gebessert und wir können unseren Insalata Caprese auf einem Picknicktisch vor dem Visitor Center geniessen. Ein Töfffahrer aus New Jersey gesellt sich zu uns. Für die Strecke von der Ostküste der USA bis nach Alaska benötigte er gerade mal 10 Tage (durchschnittlich etwa 1’000 km pro Tag). Wenn wir ihn hier so relaxt sitzen und plaudern sehen, können wir uns dies kaum vorstellen.

 

Ganz alleine, oder doch nicht? − Als es wieder zu regnen beginnt, sind wir froh, dass wir anstatt auf ein Motorrad in unser Auto steigen können. Wir fahren bis zur Nabesna Road, die als Schotterpiste 46 Meilen in den Wrangell-St. Elias Nationalpark hineinführt. Wir befahren die ehemalige Minenstrasse bis zur Meile 16, wo wir einen Ausstellplatz als Nachtlager benutzen. Von hier hat man eine tolle Sicht auf den Kettle Lake und die umliegenden Berge, darunter Mt. Sanford (16’257 ft/4’955 m) und Mt. Wrangell (14’163 ft/4’317 m). Leider sind die Gipfel teilweise durch Wolken verhüllt. Die Abendstimmung ist trotzdem wunderschön, auch wenn uns die Mücken einmal mehr gewaltig auf die Nerven gehen. 

 

«Crampon» − Nach einer ruhigen Nacht abseits des Hauptpfades verlassen wir die wenig befahrene Nabesna Road wieder. In Glennallen kaufen wir Trockennahrung ein. Wir planen nämlich, den mehrtägigen Dixie Pass Trail im Wrangell-St. Elias Nationalpark zu absolvieren. Im offiziellen Information Center des Nationalparks stossen wir allerdings auf miserable Beratung. Keine/r der Angestellten hat die beliebte Wanderung je selbst gemacht. Sie haben darum keine Ahnung, was uns betreffend Wildlife, Trail und Wasserstand erwartet. Weiter geben sie uns falsche Informationen zur Registrierung und sind nicht fähig, den bärensicheren Foodcontainer, den wir für die Dauer der Wanderung gerne ausleihen möchten, auf- und zuzumachen. Zum Glück taucht just in jenem Moment Neil auf. Er kennt den Park aus eigener Erfahrung, arbeitet seit sechs Jahren als Ranger und versteht es, seine Begeisterung für die Natur und seine Outdoor-Kenntnisse auf die Besucher zu übertragen. Er macht uns darauf aufmerksam, dass wir bei der Dixie Pass Route im unteren Teil mit den Moskitos zu kämpfen hätten. Bei der von ihm vorgeschlagenen Alternativ-Route über den Root Glacier und rauf auf den Donoho Peak, wäre dieses Problem viel geringer und die Aussicht erst noch eindrücklicher. Wir sind unsicher, da wir keine Erfahrung in der Begehung von Gletschern mitbringen. Neil beruhigt uns. Für den Root Glacier sei dies kein Problem. Mit Wanderstöcken und Steigeisen werden wir gut genug ausgerüstet sein und vor Gletscherspalten brauchen wir uns ebenfalls nicht zu fürchten. Es liegt kein Schnee auf dem Eis und die Spalten sind deshalb gut ersichtlich und umgehbar. Wir fahren also nochmals zurück nach Glennallen, um im Sportgeschäft Steigeisen zu kaufen. Da es nur noch ein Paar übrig hat, müssen wir uns dieses eben teilen. Steigeisen ist wohl sowieso etwas übertrieben. Der verniedlichte Ausdruck «Stigiseli» wird dem kleinen Metalstück mit Spitzen dran, welches man mittels Gummiband under der Schuhsole befestigt, schon eher gerecht.

 

Bad Luck − In Glennallen treffen wir wieder einmal eine Trek America Gruppe. Sie kommen gerade aus McCarthy zurück. Die Tourleaderin beklagt sich über die McCarthy Road. Sie ist die Strasse jetzt schon zwei mal gefahren und hatte beide Male einen platten Reifen. Wir sind gespannt was uns auf dieser berüchtigten Schotterpiste erwartet.

 

Good Luck − Bevor wir uns auf den Weg nach McCarthy im Wrangell-St. Elias National Park machen, legen wir einen Stopp bei Neil’s Zuhause ein, welches in einem Waldstück etwas abseits der Strasse liegt. Er wird uns seinen Bärenspray ausleihen, da diese in Glennallen ausverkauft sind. Eigentlich wollten wir uns einen solchen Spray schon früher kaufen. Als wir aber erfahren haben, dass wir diesen nicht über die Grenze (Canada− USA) bringen dürfen, wollten wir bis Alaska warten. Der Grund warum das Einführen von Bärensprays des jeweiligen anderen Landes verboten ist, ist absolut lächerlich. Nämlich weil die Beschriftungen und Warnhinweise auf der Dose unterschiedlich sind. Aber wir wollen es uns mit den Grenzbeamten nicht vermasseln und halten uns lieber an die Vorschriften.

Neil ist ein sehr witziger Typ. So bleiben wir länger als geplant bei ihm und seiner Katze Bufus hängen. Als wir die beiden schliesslich verlassen, haben wir nicht nur den Bärenspray, sondern auch ein Stück geräucherten Lachs dabei! :-)

 

Extrem − Nach Chitina überqueren wir die Copper River Bridge. Danach beginnt die 60 Meilen lange Schotterpiste der McCarthy Road. Sie ist nebst der Nabesna Road die einzige Strasse, die in den Wrangell-St. Elias Nationalpark hineinführt. Der Park ist selbst für Alaska Verhältnisse in allen Belangen gewaltig. Es ist der grösste Nationalpark der USA und entspricht flächenmässig sechs mal dem Yellowstone. Er hat die meisten Gipfel über 4’800 Meter in Nordamerika und die grösste Konzentration von Gletschern des amerikanischen Kontinents. Im Park treffen sich drei Bergketten, die Wrangell Mountains im Norden, die Chugaches im Süden und im Osten die St. Elias Mountains, die auf kanadischer Seite in den Kluane Nationalpark übergehen. Laut einem Werbespruch hat es hier so viele Gipfel, dass man es schnell aufgibt, all ihre Namen zu merken. Der Wrangell-St. Elias Nationalpark, der Kluane Nationalpark, der Tatshenshini-Alsek Park und der Glacier Bay Nationalpark und Preserve liegen alle aneinander und bilden zusammen eine World Heritage Site, welche mit 24 Millionen Acres (~ 97’000 km²) mehr als doppelt so gross ist, wie die Schweiz (~42’000 km²).

 

Eisenbahnnostalgie − Die McCarthy Road basiert auf der 1909 erbauten Eisenbahnstrecke zwischen den Kennecott Kupferminen und dem Hafen von Cordova. Die Bahn (Copper River and Northwest Railway) war bis zur Schliessung der Minen im Jahre 1938 in Betrieb. Über all die Jahre hat sie Kupfer im damaligen Wert von mindestens $ 200 Millionen nach Cordova transportiert. Noch heute kann man auf der McCarthy Road Überbleibsel des Bahntrasses (Holzschwellen) ausmachen und wer Pech hat, findet gar einen Eisenbahnschienennagel in seinem Pneu... Ein teures Souvenir :-). Bei Meile 17 überquert man die einspurige und 80 Meter hohe Kuskulana Bridge. Etwas weiter passiert man die Gilalina Trestle, ein Holzkonstrukt auf 30 Meter hohen Pfeilern. Wegen des gebirgigen Geländes verliefen 15% der Bahnlinie auf solchen Pfeilern.

Uns gefällt die McCarhty Road super gut. Es ist bereits nach neun Uhr abends und somit das Licht und die Stimmung wunderschön. Der Zustand der Strasse ist viel besser als erwartet. Wir nehmen uns aber auch Zeit, fahren langsam, lassen anderen Fahrzeugen stets den Vortritt und legen viele Zwischenhalte ein. Etwa sieben Meilen vor McCarthy schlagen wir unser Nachtlager auf.

  

«Keine Fragen bitte» − Am Mittwoch, 29. Juni halten wir als erstes bei der Ranger Station ausserhalb von McCarthy. Der Stopp ist absolut überflüssig. Die Rangerin in dem kleinen Holzhaus hat keine aktuellen Informationen betreffend Bärenaktivitäten und dem Wetter in der Region. Sie verweist uns auf die Infoblätter (wir besitzen diese bereits) und auf die Rangerstation in Kennecott.

 

Alte Bekannte − Als wir auf den Parkplatz der Pilgrim’s fahren, entdecken wir das Reisemobil von Christa und Walter,die wir bereits in Whitehorse getroffen haben. Während wir unsere Rucksäcke packen, um das Abenteuer Root Glacier und Donoho Peak in Angriff zu nehmen, machen sie sich für die Weiterreise nach Valdez fertig.

Obwohl es nicht das erste Mal ist, dass wir uns auf einen mehrtägigen Trip begeben, dauert es jeweils lange, bis wir alles Nötige beisammen und ordenltich verpackt haben. Zelt, Schlafsack, Matten, Jacke, Nahrung, Kocher, Fotoausrüstung, ... da kommen schnell ein paar Kilos zusammen. Es ist schliesslich schon Mittag, als wir mit den vollen Trampern den Shuttle Bus zum 8 km entfernt liegenden Kennecott besteigen. Zum Glück bleibt es hier im Norden im Sommer so lange hell!! :-)

 

Glatte Landung − In der Minenstadt Kennecott ist unsere erste Anlaufstelle wieder die Ranger Station. Und einmal mehr bekommen wir nur dürftige Informationen. Wir finden es bedenklich, wenn uns die offizielle Rangerin des Nationalpark Service an die privaten Outdoor Guides des Ortes weiterverweisen muss, da sie absolut keine Ahnung hat.

So nehmen wir die Wanderung halt nur mit einer groben Wegbeschreibung in Angriff. Um nicht weiter Zeit zu verlieren, beschliessen wir,die Minenanlage Kennecott’s erst auf dem Rückweg genauer anzuschauen. Ungefähr 2 km ausserhalb der Stadt erreichen wir den Furss des Gletschers. Von nun an müssen wir den Weg selbst bestimmen. Wir steigen an der rechten Seite entlang der Gletscherzunge etwas höher. An einer geeigneten Stelle erklimmen wir die Eismasse und wagen uns an die Überquerung. Je weiter wir gehen, desto gewaltiger erscheint uns der Gletscher. Die Landschaft ist grandios. Die Farben (von weiss bis blau) und Formen des Eises sind vielfältig. Immer wieder halten wir an, um die Szenerie in uns aufzunehmen oder um Fotos zu schiessen. Unten am Fuss des Gletschers türmen sich die Steinhaufen der Morränen. Zuerst dachten wir, dass es sich dabei um Überbleibsel der Minentätigkeit handelt. Schaut man in die entgegengesetzte Richtung, erblickt man den Stairway Icefall. Links davon erhebt sich Donoho Peak.

Das Gehen auf dem Gletscher ist dank unserer Wanderstöcke relativ einfach aber trotzdem anstrengend. Es ist ein ständiges auf und ab und mehrmals müssen wir vor Furchen und Spalten umdrehen und eine neue Route suchen. Am gefährlichsten scheint es uns am Rande und auf der Mittelmoräne des Gletschers zu sein. Lulu muss dies beim Überqueren der letztgenannten schmerzlich erfahren. Unter dem losen Kies ist pures, schwarzes Eis versteckt. Eine kurze Unachtsamkeit ihrerseits und schon liegt sie mit dem Tramper auf dem Rücken bäuchlings am Boden.

 

Die Enttäuschung − Nach der Mittelmoräne wird das Gelände schwieriger. Die Zerfurchung nimmt zu und das Vorwärtskommen wird mühsam. Laut unserer eher verwirrenden Beschreibung ist es weiter südlich noch schlimmer. Wir versuchen deshalb etwas an Höhe zu gewinnen, müssen aber feststellen, dass auch das nichts bringt. Mit jedem Eisrücken, den wir erklimmen, hoffen wir endlich das Ende dieser zerklüfteten Landschaft zu sehen. Und jedes Mal werden wir bitter enttäuscht. Unser Unternehmen den Gletscher zu überqueren, kommt in eine schwierige und entscheidende Phase. Wir haben zwar fast den ganzen Gletscher hinter uns gebracht aber noch fehlen uns noch etwa 150 m bis ans andere «Ufer». Wir sind verunsichert. Schaffen wir die verbleibenden Meter durch dieses, für uns schwierige, Gelände? Und wenn ja, werden wir auf der anderen Seite mit den wagen Beschreibungen die bärensicheren Foodboxenfinden? Würden wir morgen den weglosen Aufstieg auf den Donoho Peak schaffen? Und vor allem hält das Wetter? In der Zwischenzeit sind ein paar dunkle Wolken aufgezogen. Noch ist es trocken. Doch was, wenn es morgen regnet oder Nebel hat? An eine Überquerung des Gletschers wäre unter diesen Umständen nicht zu denken. Wir sind hin und her gerissen. Es fällt uns schwer und die Enttäuschung ist gross, aber das innere Gefühl sagt uns «Stopp». So nah und wir geben auf... irgendwie unbegreiflich und feig. Wir wissen nicht, ob wir jemals wieder hierhin zurückkehren und eine zweite Chance erhalten werden. Wahrscheinlich werden wir nie mit eigenen Augen sehen, wie grandios die Aussicht vom Donoho Peak auf zwei Gletscher und zig Berge ist. Wir müssen uns aber eingestehen, dass wir uns wohl über- und den Gletscher unterschätzt.

Obwohl wir meinen, etwa der gleichen Route zurück zu folgen, kommen wir mehrmals vom «Weg» ab. Die Orientierung ist recht schwierig, die Eismassen erstrecken sich in alle Richtungen. Wir geraten in eine Sackgasse. Das Weitergehen auf dieser Linie ist zu gefählrlich und wir müssen einen grösseren Umwef in Kauf nehmen. Schliesslich geht auch noch Lulu’s Steigeisen in die Brüche und so kommt es, wie es kommen muss, beim Verlassen des Gletschers gleitet sie nochmals aus und fällt auf den Hintern. Nach fast fünf Stunden auf dem Gletscher haben wir wieder normalen Boden unter den Füssen. Wir sind um eine gute Erfahrung reicher, denn trotz des Scheiterns hat uns dieser Trip sehr gut gefallen. 

Beim Jumbo Creek wollen wir das Zelt aufstellen. Bärenkot gleich neben dem Camp und der steinige Boden lassen diesen Plan aber nicht sehr gemütlich erscheinen. Wir marschieren deshalb im Stechschritt runter nach Kennecott. Leider verpassen wir den letzten Shuttle nach McCarthy knapp. Während Lulu die Zeit nutzt um ein paar Fotos der Mine zu machen, begibt sich Markus müde auf die Suche nach einer Fahrgelegenheit. Die 5 Meilen bis nach McCarthy möchten wir nicht auch noch zu Fuss zurücklegen müssen. Schliesslich sind wir ja auch im Besitz von Rückfahrtickets. Zum Glück kommt nochmals ein extra Pilgrim Shuttle nach Kennecott. Er bringt ein paar Leute für eine kurze Besichtigung hoch. Dass die Rückfahrt erst in einer Stunde angesetzt ist, trifft sich gut. So können wir von den historischen Gebäuden der Minenanlage noch ein paar Fotos mehr schiessen. Die rot angestrichenen Holzhäuser kommen im Abendlicht besonders gut zur Geltung.

 

Wer wagt gewinnt − 1900 entdecken zwei Goldsucher einen grünen Fleck am Hang über dem heutigen Kennecott. Es stellt sich heraus, dass es sich dabei um eines der grössten je gefundenen Kupferlager handelt. Mineningenieur Stephen Birch, der von der vermögenden Havemayer Familie beauftragt wurde nach Investitionsmöglichkeiten zu suchen, beginnt Teile der Bonanza Mine aufzukaufen. Ohne Transportmöglichkeit ist die Mine jedoch wertlos. Was den meisten Leuten unmöglich erscheint, nämlich eine Eisenbahnlinie von der Küste über die Berge und Flüsse bis zur Mine zu bauen, gelingt den Havenmayer’s zusammen mit der Guggenheim Familie und Michael J. Heney, dem Erbauer der White Pass & Yukon Railroad von Skagway nach Whitehorse. Heney und sein Team arbeiten von 1907 bis 1911 bei teilweise− 40°C fast ununterbrochen an der neuen Bahnlinie. Birch beginnt währenddessen bereits Kupfer abzubauen. Der erste Zug, gefüllt mit Kupfer im Wert von $ 250'000 verlässt Kennecott 1911 gleich nach der Fertigstellung der Bahntrasses.

In Kennecott ist die Arbeit gefährtlich und die Tage sind lang und hart. Mit hohen Löhnen gelingt es der Kennecott Copper Corporation trotzdem genug Männer zu finden, die gewillt sind, in diesem abgelegenen Ort zu leben und zu arbeiten. Während dem Höhepunkt ist Kennecott für mehr als 600 Minenarbeiter das Daheim. Ein paar Meilen entfernt wird McCarthy gegründet. Hier hat es Hotels, Restaurants, Saloons, Kleiderläden und sogar ein Rotlichtviertel.

Als Kennecott’s Minen 1938 schliessen, wurde bis dahin Kupfer im Wert von mindestens $ 200 Millionen abgebaut und die Coorporation ist zu einer der grössten Mineralgesellschaften angewachsen mit Minenbeteiligung in Chile und den USA. Die Firma existiert bis heute.

 

Kelly Family II? − Dieses Mal wollen wir den Bus nicht wieder verpassen und finden uns frühzeitig beim Shuttle ein. Der Fahrer, ein Sohn des Pilgrim Clan's erzählt uns, dass sie zu Hause 16 Kinder sind. Diejenigen, die wir bis jetzt gesehen haben, sehen alle gleich aus. Die Männer mit Bart und Hut, die Frauen mit Rock. Sie scheinen ein sehr religiöses und enges Familienleben zu führen. Zusammen haben sie auch schon eine Musik-CD aufgenommen. Und plötzlich erinnert man sich automatisch an die Kelly Family. Was ist wohl aus der geworden?! Wir können uns beide nicht vorstellen in einer so grossen und strenggläubigen Familie aufzuwachsen. Wie bei den Amish People erscheinen uns hier die Zukunftsperspektiven sehr klein.

Als wir zu später Stund zu unserem Land Rover zurückkehren, sind wir beide ziemlich erschöpft und müde. Wir essen etwas Kleines, verstauen unser Gepäck notdürftig und legen uns dann schlafen. In der Nacht beginnt es leicht zu regnen.

 

Persönliches Souvenir − Am Morgen kann Lulu bereits erste blaue Flecken von ihren gestrigen Ausrutschern vorweisen. Ihr Stolz über dieses persönliche Andenken gross.

Nach dem Frühstück geben wir bei der Rangerin in McCarthy den ausgeliehenen Bärencontainer und den 2. Teil der Backcountry-Registrierung zurück. Sie, die sich gestern noch beklagt hat, hier unten keine Informationen zu erhalten, scheint es nicht zu interessieren, wie es uns ergangen ist. Wären nicht gerade solche Informationen aus erster Hand wichtig für sie? Immerhin ruft sie das Park-Headquarter an, um zu melden, dass wir wieder wohlbehalten von unserer Wanderung zurück sind.

 

Icecream − Die McCarthy Road hat im normalen Tageslicht etwas von ihrem Reiz verloren. Dafür ist um diese Zeit der Glacéstand, welcher uns Neil empfohlen hat, geöffnet. Wir können uns Neil nur zu gut vorstellen, wie er mit der grossen Glacé in der Hand über die Holperpiste brettert und dabei die Hälfte im Gesicht und Bart verschmiert ;-). Diese Sauerei wollen wir uns nicht antun. Bei einem Schwatz mit der Verkäuferin essen wir gemütlich unser Eis bevor es zurück auf die Strasse geht.

 

Glücksrad − Vor der Brücke über den Copper River gehen wir zum Fluss runter. Hier stehen im Wasser ungefähr 15 Fish Wheels. Mit diesen dürfen Einheimische 250 Lachse fangen. Im Moment ist nicht viel Betrieb, da der Lachszug eher morgens und abends stattfindet. Wir treffen aber trotzdem jemanden, der heute Morgen 80 Fische aus seinem Fischrad rausnehmen konnte. Auf seiner Videokamera zeigt er uns stolz das Bild eines besonders grossen Lachses (King Salmon).

 

Steuerparadies − Wir bringen Neil den Bärenspray zurück. Er ist zufällig zu Hause, da er ausnahmsweise drei Tage am Stück frei hat. Diese Zeit nutzt er, um an der Garage zu bauen und andere Dinge zu erledigen. Der Sommer ist kurz und vieles muss vor dem Hereinbrechen des Winters vollendet sein. Neil lebt mit seiner Tocher und seiner Katze Bufus abgeschieden in einem Waldstück. Den Platz fürs Haus hat er selbst gerodet. Hier in Alaska braucht man dafür keine Bewilligung, sofern man Eigentümer des Grundstückes ist. Von ihm erfahren wir auch, dass man in Alaska keine Steuern bezahlen muss. Ende Jahr wird sogar jedem permanenten Bewohner Alaskas (vom Baby bis zur Urgrossmutter) etwas aus dem Ölgewinn ausbezahlt. Der Betrag kann bis zu $ 2000 pro Person betragen. Für die Pilgrim Family von total 18 Personen ergibt dies immerhin $ 36’000! Neil ist übrigens nicht gut auf die Pilgrims zu sprechen. Die Parkverwaltung und die Einheimischen möchten die Familie am liebsten los werden. Es scheint, als ob sie nicht ganz nach den christlichen Grundsätzen leben, die sie vorgeben. Sie halten sich nicht an Jagdgesetze, nehmen es mit fremdem Eigentum nicht so genau und konkurrenzieren den traditionellen Shuttlebetrieb, indem sie die Abfahrtszeiten ihres eigenen Shuttleservices einfach 15 Minuten früher ansetzen.