de | en

Spätzli und Bratwurst in Whitehorse

Sabatical − Vom Dempster Highway kommend, fahren wir gleich weiter Richtung Whitehorse. Bei der Moose Creek Lodge halten wir an, um der schweizerischen Besitzerin einen Gruss auszurichten, den uns jemand bereits im Mai im Banff National Park mit auf den Weg gegeben hat. Viel Freude scheinen wir ihr damit allerdings nicht zu bereiten. Wir haben den Eindruck, dass sie auf die grüssende Person nicht sehr gut zu sprechen ist. Auch gegenüber uns verhält sie sich eher abweisend. Wir bleiben trotzdem im Restaurant hängen. Ein hier übernachtendes Ehepaar aus Genf lädt uns zu einem Tee ein. Die beiden haben ein Jahr Auszeit genommen und bereisen nun Nordamerika.

 

Be prepared to stop − Wieder auf der Strasse setzt schon bald die Dämmerung ein. Wir vermeiden es wenn immer möglich, lange Strecken im Dunkeln zu fahren. Hier draussen in der Wildnis ist die Gefahr einen Elch oder Hirsch «aufzuladen» nicht zu unterschätzen. Wir suchen uns deshalb ein geeignetes Übernachtungsplätzchen entlang der Strasse.

 

It takes time − Die Fahrt nach Whitehorse am nächsten Tag erscheint endlos. Endlich hat es keinen Rauch mehr aber dafür ist die Strecke landschaftlich nicht besonders attraktiv. Einzig die Beschilderung der Waldbrandgebiete ist interessant. Sie zeigt in welchem Jahr welcher Abschnitt abgebrannt ist. So kann man nachvollziehen, wie weit sich der Wald in der Zwischenzeit erholt hat und wie lange es braucht, bis er wieder die ursprüngliche Üppigkeit und Vielfalt erreicht hat. Dieser Prozess entspricht dem natürlichen Zyklus und ergibt einen gesunden, frischen Wald. Trotzdem ist auch hier beim Feuer machen Vorsicht geboten und an einigen Stellen ist es gar ganz untersagt. Dennoch wird die Hälfte der Waldbrände im Yukon von Menschen ausgelöst. Die andere Hälfte ist auf Blitzschlag zurückzuführen. Erstaunlich ist, dass sich ein Feuer im Untergrund über Jahre (inkl. Winter) fortpflanzen kann, indem es sich von Wurzeln ernährt, um dann irgendwann auszubrechen.

 

Aller guten Dinge sind ... vier − Schliesslich haben wir’s geschafft, Whitehorse ist in Sicht. Wir checken wieder einmal unsere Mails und erfahren vom Unwetter in der Schweiz. Nun, wir hätten euch gerne etwas von dem Regen abgenommen, um die Brände zu löschen und den Rauch zu vertreiben.

Auch wir selbst könnten wieder einmal eine Dusche vertragen. Doch nachdem wir bereits Mühe hatten ein Internetsignal aufzuspüren, brauchen wir auch für die Duschen mehr als einen Anlauf. Erster Versuch beim Schwimmbad: Sorry, wegen Bauarbeiten geschlossen. Zweiter Versuch bei einem Campground: Sorry, im Moment gibt es kein warmes Wasser. Dritter Versuch in einer Art Jugendherberge: Sorry, bieten wir nur für Kunden an. Beim vierten Versuch in einer Truckertankstelle klappt es schliesslich. Was für eine komplizierte Stadt?!

 

Lachszug − Am Abend besuchen wir die Fischleiter. Wir haben Glück und sehen tatsächlich einen Chinook (King Salmon) hinter den extra für Besucher errichteten Glasscheiben hindurchschwimmen. Er hat’s geschafft. Über 3’000 Kilometer hat er von der Bering Sea bis hierhin zurückgelegt. Und das alles gegen den Strom des Yukon Rivers! Unglaublich was die Lachse leisten. Sie starten ihre Reise im Mai oder Juni und erreichen Whitehorse zwischen Ende Juli und anfangs September. Hier müssen sie schliesslich noch die 366 Meter lange Fischleiter «hinaufklettern», um zu ihren Laichplätzen zu gelangen. Die Fischleiter verhilft den Lachsen, den 1959 erbauten Dam zur Elektrizitätgewinnung, zu umgehen.

In einem Aquarium kann man auch ein paar junge Lachse (Fry) beobachten. Ein Fry ist etwa 3,5 Zentimeter gross, wenn er im Frühling das Kiesbeet, in welches seine Mutter die Eier gelegt hat, verlässt. Die kleinen Fische ernähren sich selbstständig von Wasserinsekten und müssen lernen, denHechten und anderen Fischen auszuweichen. Das erste Jahr verbringen die kleinen Fische im Fluss. Ein Jahr später schwimmen jene, die bis jetzt überlebt haben, in den Ozean. In dieser Phase sind sie schon fast zwölf Zentimeter lang und werden Smolt genannt. Je nach Lachsart kehren die ausgewachsenen Fische nach drei bis sechs Jahren im Meer zurück in ihren Heimatfluss. Sobald sie vom Salz- ins Süsswasser übertreten, hören die Lachse auf sich zu ernähren. Während der ganzen Reise stromaufwärts zerren sie nun von den angefressenen Fettreserven. An ihrem Geburtsort angekommen, graben die Weibchen ein Nest im Kiesboden, worin sie ihre Eier ablegen. Die Mänchen machen danach die Runde und befruchten die Eier der Weibchen. Beide Elternteile sterben kurz darauf und hinterlassen die Eier ihrem eigenen Schicksal. Der Kreislauf kann von vorne beginnen. 

 

Frisches Obst − Im Canadian Superstore stocken wir wieder einmal die Lebensmittelvorräte auf. Vor allem bei frischen Früchten und Tomaten langen wir kräftig zu. In Alaska waren diese Produkte immer so teuer, dass sie eher selten den Weg in unseren Einkaufskorb fanden.

 

Bratwurst und Spätzli − Am Dienstag 23. August 05 macht Markus auf dem WalMart Parkplatz, wo wir überigens auch übernachtet haben, einen Ölcheck. Nachdem alles wieder schön nachgefüllt ist, läuft Nanuq wie gewohnt wie am Schnürchen und schon bald haben wir die Stadt hinter uns gelassen. Auf dem Weg zum Wolfs Den, einem Schweizer Restaurant, welches uns empfohlen wurde, begegnen wirzufälligerweisezwei Landsgenossen. Claudia und David sind schon seit drei Jahren mit ihren Motorrädern unterwegs. Angefangen haben sie ihre Reise in Afrika, danach durchquerten sie Südamerika und nun Nordamerika. Wir tauschen ein paar Erlebnisse und Tipps aus, bevor wir wieder in entgegengesetzten Richtungen davonbrausen. Beim Mittagessen im Wolfs Den (Bratwurst und Spätzli) machen wir uns Gedanken zu unseren eigenen Reiseplänen. Der Norden mit dem Yukon und Alaska, der den eigentlichen Ursprung unseres Reisetraums bildete, ist nun praktisch abgeschlossen. Begegnungen mit anderen Travellern, wie wir es soeben erlebt haben, bringen oft neue Inspirationen und Ideen. Wir wissen, irgendwann werden wir uns für eine Richtung entschliessen müssen. Das dies keine leichte Entscheidung sein wird, spüren wir. Heute wollen wir uns darüber allerdings nicht den Kopf zerbrechen sondern lieber das Essen geniessen.