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Südwärts nach Vancouver Island

Zuvielisation − Am nächsten Morgen erreichen wir wieder die Meziadin Junction und biegen auf die restlichen Kilometer des Cassiar Highway ein. In Kitwanga endet der 724 km lange Cassiar Highway und wir fahren auf dem Yellowhead Highway Richtung Osten weiter. Wir passieren Smithers, Houston und ein paar kleinere Orte und übernachten schliesslich in Burns Lake. So viele Städte nacheinander wirken nach der Einsamkeit des Norden etwas befremdend. In Nordamerika sehen alle Städte in etwa gleich aus. Die Strassen sind schachbrettmustermässig angelegt und entlang der Strasse säumen sich die bekannten Fastfoodketten und die grossen Shoppingcenter. Manchmal fragen wir uns, ob’s das wirklich alles braucht. Schon bei uns in der Schweiz haben wir eine riesige Auswahl. Wenn man jedoch die Regale eines Shoppingcenters in Nordamerika anschaut, kommt man sich im Migros etwas überspitzt gesagt vor wie in einem Tante Emma Laden.

 

Reinfall − Von Burns Lake fahren wir am Dienstag, 6. September nach Quesnel. Die Region ist bekannt für die Holzwirtschaft. Bereits gestern haben wir riesige Sägewerke entlang der Strasse gesehen. In Quesnel steigen wir auf einen Aussichtsturm, von wo aus man eines dieser Werke überblicken kann. Auf der einen Seite des Maschinengebäudes stappeln sich Baumstämme auf der anderen Seite die verarbeiteten und zugesägten Bretter.

In der Nähe von Quesnel besuchen wir den Pinnacles Provincial Park. Lulu hat in einer Werbebroschüre der Region gelesen, dass man hier ein paar sehr interessante Gesteinsformationen vorfinden soll. Nachdem wir die Anfahrt trotz mangelnder Beschilderung gefunden haben, stehen wir beim Eingang vor einer geschlossenen Barriere. Wir umgehen diese und marschieren aufs Geratewohl (auch hier fehlt jegliche Weginformation) einen Waldweg entlang. Schliesslich finden wir eine der besagten Gesteinsformationen in der Form einer Hand mit ausgestrecktem Zeigefinger. Das war’s dann aber auch schon. Etwas enttäuscht aber trotzdem guter Laune laufen wir zurück zum Auto.

 

Vitaminen − Am nächsten Morgen fahren wir weiter Richtung Süden. Es wird wieder vermehrt Landwirtschaft betrieben, was uns an die Schweiz erinnert. An einem Früchtestand entlang der Strasse kaufen wir ein paar Pflaumen. Die meisten Früchte an diesem Stand kommen, entgegen unserer Erwartung, nicht aus lokaler Produktion sondern aus dem Okanagan Valley, der Sonnenstube von British Columbia, ein paar Autostunden südlich von hier.

 

Farbenfroh − In der gleichen Broschüre, in der Lulu vom Pinnacles Provincial Park gelesen hat, findet sie auch einen Hinweis auf die Painted Chasm. Anhand der Beschreibung erwarten wir einen orange und pinkfarbenen Canyon, wie man es normalerweise aus dem Südwesten der USA her kennt. Wir sehen zwar den Canyon aber leider keine ausserordentliche Färbung. Der Verfasser der Broschüre ist entweder sehr fantasievoll oder ein gerissener Marketingexperte.

 

6 Grams of Fat or Less  − In Clinton sehen wir vor einer Garage zwei alte Land Rover, genau so wie es uns Tristan in Whitehorse vorausgesagt hat. Im gleichen Ort biegen wir von der Hauptstrasse ab, um den Weg nach Whistler ein wenig abzukürzen. Kilometermässig mag dies zwar wahr sein, aber die kurvenreiche und steile Schotterpiste nimmt wahrscheinlich genau so viel Zeit in Anspruch wie der übliche Weg. Trotzdem, die Fahrt ist sehr schön. Auf der einen Seite des Hügels führt sie durch Wald auf der anderen Seite geht’s durch Weideland nach Pavillion hinunter. Wir hängen noch ein Stück an und fahren bis nach Lillooet. Nach diesem langen Fahrtag sind wir zu faul, um selber zu kochen und begeben uns daher in eine Subway Filiale. Dafür haben wir uns unwissentlich den richtigen Tag ausgesucht. Am Mittwoch hat man nämlich zwischen fünf Sandwiches die Wahl und erhält von diesen zwei «Footlong» für den Preis von einem. Und da wir zusätzlich an einer Kundenbefragung teilnehmen, erhalten wir zur Belohnung auch noch zwei gratis Cookies. Dieser Subway-Besuch hat voll rentiert. Kommt dazu, dass uns dieBesitzerin erlaubt, auf dem Parkplatz vor ihrem Lokal zu übernachten.

 

Morgenstund hat Gold im Mund − Da wir der Subway-Besitzerin versprochen haben, den Parkplatz zwischen sieben und acht zu räumen, müssen wir am Morgen für einmal etwas ran. Das Frühstück verlegen wir auf später, was uns aber sowieso nicht viel ausmacht. Wir fahren oft am Morgen mit leerem Magen los und unternehmen etwas bevor wir frühstücken. Manchmal vergessen wir das Zmorge ganz und gehen gleich zum Zmittag oder Znacht über.

 

Schnuppertest − Von Lillooet bis nach Whistler gilt es viele steile und kurvenreiche Passagen zu überwinden. Wir können dieser so viel gerühmten Strecke nicht viel Positives abgewinnen. In Pemberton, einem Ort im Talgrund, gönnen wir uns und Nanuq eine Pause. Man riecht es, trotz Runterschalten wurden Nanuq’s Bremsen stark beansprucht. Wir lassen uns sagen, dass dies normal sei. Selbst bei neueren Autos und den RV’s kann man jeweils erraten (riechen), aus welcher Richtung sie kommen.  

 

Whistler: touristisch, trendy und sportlich − Nachdem wir in einem Wäschesalon die Wäsche erledigt und unsere E-Mails geprüft haben, geht’s weiter Richtung Whistler. Der bekannte Wintersportort ist völlig touristisch. Im autofreien Zentrum gibt es unzählige Restaurants, Bars und Souvenirshops. Rund ums Zentrum und in der näheren Umgebung findet man zahlreiche Hotels und Resorts. Der Schnee ist noch nicht gefallen und so gehört der Ort momentan noch den Mountainbikern. Mit Helm, Rückenschutz, Ellbogen- und Schienbeinschonern geschützt, lassen sie sich per Sessellift in die Höhe tragen und sausen danach den Hang hinunter, wobei sie auch die eine oder andere Schanze überspringen. Wir verzichten auf diesen Spass, wollen wir doch so kurz vor dem West Coast Trail kein unnötiges Verletzungsrisiko eingehen.

 

Parkplatz Gang − Die Nacht verbringen wir trotz Übernachtungsverbot auf einem der vier grossen öffentlichen Parkplätze. Als plötzlich ein Abschleppwagen auftaucht, machen wir uns auf Ärger gefasst. Im Dunkeln und ganz ruhig verharren wir in unserem Auto. Unsere Sorge stellt sich glücklicherweise als unbegründet heraus. Der Fahrer des Abschleppwagens hält neben ein paar anderen Autos, die sich bereits früher auf dem Platz versammelt haben. Die Fahrer unterhalten sich und wir werden das Gefühl nicht los, dass da etwas nicht ganz just ist. Bis spät in die Nacht harren die Beteiligten im Dunkeln und im Regen aus, öffnen und schliessen immer wieder Kofferräume, lassen die Motoren aufheulen und zünden mit den Scheinwerfern in der Gegend rum. Nun, solange man uns in Ruhe schlafen lässt, wollen wir uns nicht beklagen.

 

Pendler − Am nächsten Morgen geht es weiter nach Squamish. Hier lassen wir bei Canadian Tire die Reifen rotieren. Dieser Service ist gratis, da wir die Reifen bei Canadian Tire erstanden haben. Im Supermarkt kaufen wir einen ersten Schub an Lebensmitteln für den West Coast Trail ein. Die Zeit vergeht im Nu, während wir zwischen Garage und Shopping Center hin und her pendeln. Wir beschliessen deshalb, die Nacht gleich hier zu verbringen. Nach längerer Suche finden wir einen Parkplatz in einem Hinterhof.