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Canaska: Stewart und Hyder

International − Stewart liegt auf kanadischem Boden. Das kleine Nachbardorf Hyder gehört hingegen zu Alaska, obwohl es hunderte von Kilometern davon entfernt liegt. Obwohl es eine amerikanische Grenze ist, gibt es beim Übertritt nach Hyder keine Kontrolle. Erst wenn man wieder nach Canada zurückkehren will, wird man von der kanadischen Zollbehörde unter die Lupe genommen. Die kanadische Polizei sorgt auch in Hyder für Ordnung. Zahlen kann man an den meisten Orten in US wie auch in kanadischen Dollars. Zwischen dem Canada Day am 1. Juli und dem amerikanischen Independence Day am 4. Juli, feiern die beiden Orte die grösste und längste Geburtstagsparty von Nordamerika, die sogenannten International Days. Während diesen Tagen gibt es verschiedene Anlässe wie z.B. das Axtwerfen oder die Bush Woman Classic. Bei diesem Höhepunkt der Feierlichkeiten messen sich die tapferen Frauen von Stewart und Hyder in einem Wettbewerb, der Wäsche aufhängen, Bären jagen, Holz hacken, Baby wickeln und einen Sprint, bei dem Frau gleichzeitig Lippenstift aufträgt, beinhält.

 

Winterspeck − Im Moment ist es in den beiden Orte eher ruhig. Einzig die Bären am Fish Creek ziehen Touristen an. Schwarz- und Braunbären versammeln sich hier von Ende Juli bis Mitte September, um sich von den laichenden Lachsen zu ernähren. Wir haben den Höhepunkt verpasst, können aber trotzdem einem Schwarz- und einem Braunbären beim Fressen und Baden zusehen. Die Bären wirken jedoch lustlos. Die alten, teilweise schon toten, Lachse schmecken wohl nicht mehr allzu frisch. Vielleicht sind sie aber auch einfach zu satt. Der Schwarzbär hat jedenfalls jegliche Form und Proportion verloren. Er gleicht eher einer flauschigen Kugel als einem Bären.

 

Salmon Glacier − Gegen Abend fahren wir die holprige Schotterpiste zum Salmon Glacier hoch. Zuhause haben wir in einem Magazin ein doppelseitiges Bild dieses Gletschers mit einem Zelt im Vordergrund gesehen. Der Bildlegende konnten wir entnehmen, dass dieser wunderschöne Übernachtungsplatz über eine alte Minenstrasse erreichbar ist. Natürlich stand der Salmon Glacier seither auf unserer Wunschliste. Und nun sind wir tatsächlich da. Auf einem Hügel vis-à-vis des beeindruckenden Salmon Glaciers parkieren wir Nanuq für die Nacht. Am Abend leisten uns der ehemalige Musiker Graig (er spielte unter anderem für Lenny Kravitz und Ozzy Osbourne) und Keith the bearman, welcher hier oben Bücher und DVD’s über sein Leben und seine Abenteuer in der Wildnis verkauft, Gesellschaft. Sie haben ihr Camp etwas weiter unten aufgeschlagen und so gehört der tolle Stellplatz heute Nacht uns alleine.

Am nächsten Morgen herrscht wechselndes Wetter. Strahlender Sonnenschein und Nebel wechseln sich im Minutentakt ab. Da kann es passieren, dass der eben noch glänzende Gletscher hinter dichtem Nebel versteckt ist, sobald man die Belichtung an der Kamera richtig eingestellt hat und fürs Foto parat wäre.

Keith empfiehlt uns noch ein Stück weiter der Minenstrasse entlang zu fahren. Tatsächlich ist deren Verlauf sehr schön und erinnert uns stellenweise an die Schweiz. Wir gelangen zu einem alten Minenwerk, wo alles stehen und liegen gelassen wurde. Die Gebäude sind längst verlassen, die Maschinen am rosten. Hier entdecken wir einen weiteren schönen Gletscher, dessen Name wir aber leider nicht kennen. Nachdem Lulu ein paar farbige Steine gesammelt hat,kehren wir wieder um und fahren zurück zum Salmon Glacier. Kurz vor dem Ziel, fallen uns auf dem Talboden ein paar herumstehende Eisberge auf. Wir erfahren, dass diese vom Summit Lake zurückgelassen werden, wenn sich der See jeweils im Juli entleert. Trockengelegte Eisberge, was für ein sonderlicher Anblick.

Beim Aussichtspunkt auf den Salmon Glacier hat es in der Zwischenzeit regen Betrieb. Der Gletscher scheint nicht mehr länger ein Geheimtipp zu sein. Wir steigen einen Hügel hoch und geniessen von dort oben nochmals in aller Ruhe die Aussicht auf den Eisstrom.

 

Rivalen − Auf dem Rückweg nach Hyder halten wir nochmals beim Fish Creek an. Wie bereits gestern sehen wir auch diesmal einen Schwarz- und einen Braunbären. Während die kleineren und schwächeren Schwarzbären in einem kleinen Flussarm ihr Angelglück versuchen, fischen die Braunbären im türkisfarbenen Tümpel und im breiteren Hauptfluss. So kommen sich die beiden Arten nicht zu sehr in die Quere. Es ist bekannt, dass Braunbären manchmal Schwarzbären angreifen oder gar töten.

 

Bewaffnet − Wie im Katmai Nationalpark hat es auch beim Fish Creek abgesperrte Beobachtungsplattformen. Die hiesigen erlauben eine etwas grössere Bewegungsfreiheit als jene im Katmai und sind dieses Jahr noch gratis zugänglich. Dafür ist das Spektakel im Katmai Nationalpark um ein vielfaches grösser. Fairerweise müssen wir anmerken, dass hier die Hauptsaison schon vorbei ist und die Bären nicht mehr allzu zahlreich am Fish Creek auftauchen. Zahlreich sind dagegen (gleich wie im Katmai NP) Leute mit extrem guten Fotoausrüstungen. Man könnte meinen unter lauter Profis zu sein. Im Gespräch finden wir heraus, dass dem bei den meisten nicht so ist, auch wenn einige von ihnen bereits seit Wochen jeden Tag herkommen und Stellung beziehen. Bei aller Bärenliebe erscheint uns das doch etwas übertrieben.

Am Abend gönnen wir uns eine Pizza im wohl einzigen Restaurant in Hyder. Das Lokal ist denn auch gut gefüllt. Die meisten Gäste sind uns vom Fish Creek oder Salmon Glacier her bekannt. Natürlich fehlt auch der nervige, deutsche Fotograf (angeblich wirklich ein Profi) nicht, der jeweils die ganze Plattform mit seinen Bärenbegegnungsgeschichten unterhalten hat.

 

Von Schweizer abgezockt − Mit vollem Magen passieren wir die kanadische Grenze nach Stewart. Dort kommen wir an einem Laden vorbei, in dem wir vor zwei Tagen eingekauft haben. Im Laden ist uns anhand der Fahne aufgefallen, dass es sich um einen schweizerischen Besitzer handeln muss. Voller Freude legten wir ein preiswertes Stück Emmentaler und ein grosses Joghurt in unseren Einkaufskorb und begaben uns an die Kasse. Dort passierte der Kassiererin, ob willentlich oder nicht sei mal dahingestellt, ein Fehler. Wir reagierten zu spät und bezahlten den überrissenen Preis. Obwohl die beiden Sachen hervorragend schmecken, können wir sie nicht richtig geniessen. Jedes Mal erinnern wir uns an den hohen Preis und nerven uns. Ein zweites Mal betreten wir diesen Laden jedenfalls nicht.

Auf der Strasse 37A fahren wir ein Stück weit aus Stewart hinaus und übernachten entlang der Strasse auf einem Pullout.